Große Freude leicht getrübt: Amateurtheater hofft auf Preis
Die Stollberger Laientheatergruppe Thea(l)ternativ ist für den Sächsischen
Amateurtheaterpreis nominiert worden. Doch die Gruppe hat ein Riesen-
Problem: Sie hat keinen Proberaum mehr.

Mit Netz und spannenden Lichteffekten stirbt
Jokaste (Alexandra Dietze) einen poetischen
Bühnentod.
Für das Stück "König Ödipus" wurde
das Thea(l)ternativ-Theater jetzt für einen
wichtigen Preis nominiert.
Foto: Cristina Zehrfeld
Von Cristina Zehrfeld erschienen am 08.07.2017
Stollberg. Mit ihrer Inszenierung "König Ödipus" hat sich die Theatergruppe Thea(l)ternativ in
die erste Liga der sächsischen Amateure gespielt: Als eines von drei Ensembles sind die
Stollberger Mimen für den Sächsischen Amateurtheater-Preis nominiert. Ebenfalls nominiert
sind die Theatergruppen Spielbrett (Dresden) und "die bühne" von der Technischen Universität
Dresden.
Der renommierte Preis wird seit 2007 vom Landesverband Amateurtheater Sachsen ausgelobt
und ist mit 2000 Euro dotiert. Daneben werden zwei mit 300 Euro dotierte Anerkennungspreise
vergeben. "Die Dotierung ist eigentlich nachrangig. Es ist schon eine Auszeichnung, unter die
besten Drei zu kommen", sagt Silke Bauer-Hollenbach, die das anspruchsvolle Stück
ausgesucht und Regie geführt hat.
Als das Ensemble Anfang dieses Jahres eingeladen wurde, sich am Wettbewerb zu beteiligen,
waren viele zwar spontan begeistert. Eingereicht werden musste neben der Biografie des
Ensembles auch der komplette Mitschnitt einer Aufführung.
Doch es gab auch Bedenken. In den 20 Jahren seines Bestehens hatte sich Thea(l)ternativ
bisher nur einmal für etwas Vergleichbares beworben. Michael Ö. Arnold hat bis heute daran
unangenehme Erinnerungen: "Mit unserer ersten Produktion ,Der Diener zweier Herren' sind wir
bei den Neuberin-Spielen in Reichenbach aufgetreten. Wir waren damals eine junge Truppe mit
Spaß am Spielen, wurden aber total verrissen." Inzwischen haben die Mimen genügend
Bühnenerfahrung, um den Kriterien zur Vergabe des Preises gerecht zu werden. Dazu gehören
laut Landesverband unter anderem Figurenzeichnung und Rhythmus, straffes
Geschichtenerzählen und Aktualität, Partnerkünste wie Gesang und Tanz oder adäquater
Einsatz von Musik, Licht und Ausstattung. Dabei kommt es den Juroren keineswegs auf
Perfektion an, sondern darauf, dass die Persönlichkeit des Amateurs immer erkennbar bleibt. Für Anett Oesterreich, die als Erzählerin bei Ödipus
mitwirkt, eine interessante Aufzählung: "Mir war gar nicht klar, wie viele Kriterien für uns sprechen, aber wenn ich die Begründung für die Nominierung
lese, könnte ich glatt darunter schreiben: ... sagt Thea(l)ternativ."
Vergeben wird der 7. Sächsische Amateurtheaterpreis am 12. November im Theaterhaus Rudi in Dresden. Dazu spielen die nominierten Ensembles
jeweils 30-minütige Ausschnitte der Stücke. "Da werden wir uns auf Schlüsselszenen konzentrieren. Das Intro, der Rap von Ödipus und Kreon, der Tod
Jokastes und das Schlusslied gehören sicher dazu", so Silke Bauer-Hollenbach. Die Regisseurin sieht in der Nominierung auch einen Erfolg intensiver
Arbeit: "Inzwischen haben mehrere unserer Mitglieder eine Spielleiterausbildung. Und wir besuchen regelmäßig Theaterworkshops. Michael Arnold zum
Beispiel hat mal den Workshop ,Poetisch sterben' besucht. Davon haben wir in dieser Inszenierung bei der Sterbeszene von Jokaste absolut profitiert."
Trotzdem liegen Freud und Leid bei Thea(l)ternativ aktuell sehr eng beieinander. Bauer-Hollenbach: "Nun gehören wir zu den drei besten
Amateurtheatern in Sachsen, müssen aber praktisch im Wohnzimmer proben. Vertraglich geregelt ist zwar, dass wir das TPZ noch bis zur 30.
Kalenderwoche für Proben nutzen dürfen. Aber vor drei Wochen wurde mit dem Entkernen begonnen." Ausweichräume für die Zeit bis zum geplanten
Umzug nach Hoheneck sind bis jetzt nicht gefunden.
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(Freie Presse STOLLBERGER ZEITUNG vom Samstag, 08. Juli 2017)