Mit neuem Regisseur: Erzgebirgische Theatergruppe meistert Männer-Problem

Christian Schreier (v. r.) führt bei Thea(l)ternativ in Stollberg erstmals Regie, ihn unterstützt
Michael Ö. Arnold. Zudem im Bild: Denny Utzmann. Das Stück „Tot ist tot“ feiert Ende Oktober Premiere. Bild: Georg Dostmann
Von Michael Urbach
Im Herbst ist in Stollberg Theaterzeit. Diesmal inszeniert Thea(l)ternativ eine
Krimi-Komödie zum Miträtseln. Mit dabei: sechs verdächtige Frauen und ein
Toter. Für Christian Schreier eine besondere Premiere.
Stollberg. Als der Kommissar die verdächtige Frau Höschen verhört, greift
Christian Schreier ein. „Du bist total in Rage, steh‘ bitte auf!“ mahnt der Regisseur
den Schauspieler, der als Polizist in einem dubiosen Todesfall ermittelt. Ein paar
Minuten später ist es Schreier selber, der aufspringt und ans andere Ende des
Bürgergartensaals eilt. Er ruft: „Ich will auch hier hinten alles verstehen!“ Voller
Energie, mit Biss, Spaß und Humor leitet der 32-Jährige im Amateurtheater
Thea(l)ternativ die Probe für das neue Stück „Tot ist tot“, das Ende Oktober
Premiere feiert. Doch was treibt ihn an, anders als bisher, vor der Bühne Platz zu
nehmen? Und: Was erwartet die Zuschauer?
Neustart nach einem Männer-Problem
Den Besuchern, die jährlich zu den Aufführungen von Thea(l)ternativ strömen, ist
Schreier seit 2010 bekannt. Er flitzte schon als Götterbote Hermes mit hellblauen
Rollschuhen durch die alte Spielstätte am Krankenhaus - seine erste Rolle im
Erwachsenentheater -, war der Romeo oder spielte einen durchtriebenen Politiker
der Nachwendejahre. Die Rollen seien zuletzt meist sehr groß gewesen, berichtet
Schreier, er wollte sich da zurücknehmen. Als zudem im Verein die Frage aufkam,
wer mal Regie führen würde, kam eins und eins zusammen. „Ich hatte ein Stück
an der Hand“, berichtet der Erzgebirger.
Doch Pustekuchen: Gleich bei seinem ersten Job als Regisseur kam alles anders.
Dem Ensemble fehlte noch ein Mann, um alle Rollen besetzen zu können.
Eigentlich starten im Januar die Leseproben - weil sich aber keine Lösung fand,
legte das Amateurtheater stattdessen mit „Tot ist tot“ los. Mitte Mai, komplett
neu. Und wie: Innerhalb von gerade mal vier, fünf Wochen hätten alle ihre Texte
drauf gehabt, lobt Schreier.

Sechs verdächtige Frauen, zwei Kommissare und eine Forensikerin: Auf der Bühne ist jede
Menge los. Bild: Georg Dostmann
Vorsitzender: Was gespielt wird, entscheidet das Ensemble gemeinsam
Nun also die Krimi-Komödie aus der Feder von Claudia Kumpfe, die das Publikum
bis zum Schluss mitknobeln lässt. Dabei geht es um einen mysteriösen Todesfall.
Fest steht nur: Der Hausherr ist die Treppe hinuntergestürzt und ist mausetot.
Mord? Unfall? Den Kommissaren Stefan (Uwe Seidel) und Harry (René Kaps)
obliegen nun die Ermittlungen unter sechs Frauen, die alle irgendwie verdächtig
erscheinen.
Kaps, der in seiner Rolle schon allein mit einer Donald-Trump-mäßigen Perücke für
Lacher sorgen dürfte, führt seit diesem Jahr als Vorsitzender den Verein mit 26
Mitgliedern. Zudem gehören Schreier und Seidel dem Vorstand an, sowie Michael
Ö. Arnold. Thea(l)ternativ hatte sich einst aus Ehemaligen des Kinder- und
Jugendtheaters Burattino und anderen Theaterfreunden gegründet, nach wie vor
steht das Gemeinschaftliche im Vordergrund, wie Kaps sagt. So werde in der
Gruppe entschieden, welche Stücke man spiele. „Im Laufe der Jahre sind viele
Freundschaften entstanden, man kennt von jedem die Geschichte“, schwärmt der
41-Jährige, was für ihn den Verein ausmacht.

Die Aufführungen werden im dann wohl gut gefüllten Bürgergartensaal zu sehen sein, in den
über 300 Menschen passen. Bild: Georg Dostmann
Wann die Aufführungen stattfinden und wo es Karten gibt
Regisseur Schreier legt indes Wert darauf, den Schauspielern bei der Probe ein
klares Feedback zu geben. Jeder fasse eine Szene anders auf, er müsse aus der
Perspektive des Publikums stets den Subtext im Kopf haben. Es gehe etwa die
richtige Haltung beim Sprechen - etwa eben, wenn eine Person im Stück wütend
ist. „Ich grätsche beim Physischen rein, Örni macht das Psychische“, freut sich
Schreier über den erfahrenen Michael Ö. Arnold als Co-Regisseur an seiner Seite.
Man stehe bei „guten 85 Prozent“ schätzt er rund einen Monat von der Premiere
ein. Noch sitzt nicht jede Textzeile perfekt, auch das Bühnenbild muss noch
finalisiert werden. Ein Probenlager und zwei Treffen pro Woche sollen den letzten
Schliff vor den Aufführungen verleihen.
Die finden übrigens am 26. Oktober, 19.30 Uhr, am 27. Oktober, 15 Uhr, sowie am
1. Februar und März jeweils 19.30 Uhr und am 2. März um 15 Uhr statt. Karten
gibt es im Laden „Buch+Kunst“ in der Herrenstraße 18 oder per Mail an
karten@thealternativ.de.
Und wie kommt nun Christian Schreier mit seiner neuen Rolle da unten vor der
Bühne klar? „Es fühlt sich tatsächlich sehr komisch an“, sagt der 32-Jährige. Er
grinst. „Ich stehe trotzdem zu 100 Prozent mit da oben.“ (urm)
(Freie Presse vom 26.09.2024)