Zum Wochenende: Pampiger Monarch?

Von jan Oechsner erschienen am 10.12.2016

Die Einwohnerversammlung vergangenen Montag im Bürgersaal lief aus dem Ruder. Erst präsentierte Oberbürgermeister Marcel Schmidt und die anderen Verantwortlichen den Betroffenen des Kinder- und Jugendtheaters Burattino, was längst alle wissen: Das Theater muss umziehen. Diese sahen sich erneut durch lange und pseudotransparente, weil viel zu späte Information zum Umzugshickhack, vor vollendete Tatsachen gestellt. Statt erhoffter Einwilligung ins Unabänderbare, wie erhofft, gab es heftige Gegenwehr: Nicht die Chefs auf der Bühne - allen voran Marcel Schmidt - sondern die Leute im Auditorium bestimmten nun die Debatte. Da wurde der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Stollberg plötzlich auch mal verschnupft bis pampig.

So dünnhäutig zeigt sich Schmidt, wenn er die Kontrolle über die Meinungshoheit verlieren könnte - oder Andere einfach anderer Meinung sind. In seinem Rathaus-Blatt "Stollberger Anzeiger" stellt er ihm unangenehme Dinge öfters und quasi letztinstanzlich "richtig". Das ist grenzwertig, auch weil er dort seine Privatmeinung als Oberbürgermeister unterschreibt. Als solcher scheut er auf der anderen Seite nicht davor zurück, etwa zur vergangenen Stadtratswahl anzutreten und damit Bürger aufs Glatteis zu führen: als stadtbekanntes Zugpferd zugunsten der Freien Wähler und als persönliches Beliebtheitsbarometer. Das Problem: Als bereits gewählter Rathauschef kann er sein Mandat gar nicht antreten.

Auch der "Freien Presse" misstraut er gerne mal, die ihn halt nicht immer lobt. Also versucht Schmidt (aber auch einige andere Bürgermeister der Region), Stadtrats-Informationen so lange es geht unter der Decke zu halten. Wohl mit dem Kalkül, eine unliebsame Berichterstattung im Vorfeld zu vermeiden. Und wenn er das nicht schafft, wie etwa zum Burattino ("Freie Presse" berichtete schon vor Monaten), sagt er bei der besagten Bürgerversammlung: Die Presse wollte Unruhe stiften. Ist das Angst vor Kontrollverlust? Oder nur ungeschickt?

Man muss wissen: Schmidt ist politisch verwöhnt. Seine Freien Wähler haben oft eine komfortable Mehrheit im Stadtrat, seit Jahren kann er durchregieren. Zumal er im Rat einen blassen CDU-Youngster als Oppositionsführer gegenüber hat. Kritik kommt von dort fast nie.

Dabei sind Schmidts Allüren unnötig. Unterstützt von fähigen Mitarbeitern im Rathaus, ist er oft ein Macher. Bürgergarten, Schlachthof, volles Gewerbegebiet, Hoheneck - bald eine Dachterrasse auf einem Supermarkt. Schmidt wagt die Dinge, hortet nicht das Geld, sondern gibt es zum Wohle der Stadt aus und setzt Akzente. Doch wenn er monarchische Züge entwickelt und Kritik nur noch als Putsch empfindet, dann macht er eben auch was falsch.

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(Freie Presse STOLLBERGER ZEITUNG vom Samstag, 10. Dezember 2016)