Kurzweiliges Bühnenspektakel statt schwerer Kost

Die Laientheatergruppe Thea(l)ternativ zeigt "König Ödipus" - eine Premiere, mit der die "Theas" aufhorchen lassen.

Von Cristina Zehrfeld erschienen am 14.11.2016
Christian Schreier liefert einen überzeugenden Auftritt in der Titelrolle des Ödipus. Foto: Christina Zehrfeld


Stollberg. Die "Theas" haben sich mit der Inszenierung von "König Ödipus" einmal selbst übertroffen. Dabei wird eine allgemein bekannte Story geboten: Ödipus tötet seinen Vater und zeugt Kinder mit seiner Mutter.

Eine äußerst tragische Angelegenheit also, doch das Publikum ist aufs Höchste amüsiert. Was im antiken Drama von Sophokles schwer verdauliche Kost ist, das wird in der Neuverdichtung von Bodo Wartke zu einem sehenswerten Spektakel, welches doch nie ins Oberflächliche abgleitet. Grundlage dafür ist eine sehr sorgfältige Vorbereitung. Unter der Regie von Silke Bauer-Hollenbach laufen die Darsteller zu einer Höchstform auf, die ohne Übertreibung als professionell bezeichnet werden kann. Das Resümee nach der Premiere am Samstag: Kurzweiliger und humorvoller kann man ein antikes Drama nicht auf die Bühne bringen.

In spartanischer Kulisse und schlichter Kostümierung entfachen die 13 Darsteller das Feuerwerk des humorvoll gereimten Textes. Dabei besteht fürs Publikum keineswegs die Gefahr, den Faden zu verlieren, denn jede noch so vertrackte Situationen bekommt eine einfache Fasson. Ein Beispiel: Nachdem Ödipus aus purem Zufall das Rätsel der Sphinx löst, erklärt Sprecherin Anett Oesterreich den Fortgang der Dinge: "Theben war befreit und Ödipus erhielt zum Lohn - Iokaste zur Gemahlin sowie den Königsthron".

Das Ensemble hat nicht nur den umfangreichen Text drauf, sondern ist mit sichtbarer Spielfreude dabei, so dass die Aufführung eine heitere Leichtigkeit ausstrahlt. Grundlage ist eine stimmige Rollenverteilung: Christian Schreier gibt einen jugendlich-unbeschwerten Ödipus. Sein Schwager Kreon (Ralf Müller), wenngleich von Ödipus des Verrats bezichtigt, wirkt derart gutmütig, dass allein der Verdacht völlig absurd erscheint. Die Hirten aus Theben (Verena Zimmermann) und Korinth (Michael Weber) glänzen durch sehenswerte Unbedarftheit. Katrin Zeidler verleiht dem Seher Teiresias eine pfiffige Spitzbübigkeit. Sogar aus einem Ungeschick wurde letztlich noch einen Vorteil gezogen: Verletzungsbedingt muss Priscilla Kluge im Rollstuhl auftreten. "Die Rolle war so nicht angelegt", so Silke Bauer-Hollenbach. Doch gerade die körperliche Versehrtheit im Zusammenhang der Rolle als neunmalkluge Lexiconny wirkt bei der Aufführung wie ein genialer, dramaturgischer Einfall.

Dabei steht und fällt diese Inszenierung mit der modernen, flotten Musik, die unter Anleitung Annett Putz einstudiert wurde. Die Chemnitzer Sängerin und Gesangsdozentin ist vom Ergebnis begeistert: "Alles, was wir einstudiert haben, hat gesessen. Das ist für Amateure eine ausgezeichnete Umsetzung."

"König Ödipus" in der Version von Bodo Wartke ist das 20. Stück, das die Laientheatergruppe Thea(l)ternativ auf die Bühne des Theaterpädagogischen Zentrums (TPZ) in Stollberg gebracht hat. Zu den bisherigen Inszenierungen gehörten unter anderem "Der Diener zweier Herrn" von Carlo Goldoni, "Zehn kleine Negerlein" nach Agatha Christie und "Der Zerbrochene Krug" nach Heinrich von Kleist. Insgesamt wurden von den Theas etwa 100 Aufführungen im TPZ gegeben. Über die Zukunft sagt Regisseurin Silke Bauer-Hollenbach anlässlich der Premiere am vergangenen Samstag: "Wir dürfen bis einschließlich März 2017 noch hier spielen, dann sind wir erst mal heimatlos".

Mit dem aktuellen Stück treten die Theas wegen der angekündigten Schließung des Hauses nur noch viermal im TPZ auf. Für die öffentlichen Veranstaltungen am 28. Januar und 11. März (jeweils 19.30 Uhr) und 12. März 2017 (15 Uhr) können Karten bestellt werden unter den Telefonnummern 037296 87155 oder 0151 50718432. (czd)

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(Freie Presse STOLLBERGER ZEITUNG vom Montag, 14. November 2016)