"Traumsommernacht" lässt Premierengäste toben
Thea(l)ternativ bringt sich frei nach Shakespeare selbst auf die Bühne und sächselt fleißig -
Kay Haberkorn als Dreifachkombinierter


 
Glücklich und geschafft: die Premiere "Traumsommernacht" liegt jetzt hinter Thea(l)ternativ. Nach eigenen Angaben sind u.a. die Erfinder der Hestellung von Rotwein aus den Trauben des Weinstockes (für die Bewältigung der Probenarbeit) und Herr Sigmund Freud (für seine Lehren zur Durchstehung ernsthafter Identitätskrisen) am Erfolg beteiligt.



Stollberg. Ein traumhaftes Verwirrspiel - ein verwirrender Traum? Das Premierenpublikum der "Traumsommernacht" am Sonnabend jedenfalls hatte zu tun, sich wieder einzukriegen. Beifall ohne Ende, Ovationen im Stehen, Begeisterungsschreie...
Die Thea(l)ternativen mussten zeigen, dass sie auch den Verbeugungsmuskel gut trainiert hatten. Nahezu unendliche Scharen aus dem Publikum strömten mit kleinen Geschenken und Blumen auf die Bühne, sich zu bedanken, zu umarmen, zu küssen.

Und Puck (Kay Haberkorn), dieser freche Kobold, wischte sich gar eine Träne aus dem Auge, als ihm sein Herrscher Oberon (Michael Ö. Arnold) zurief : "Kay, du warst ein phantastischer Regisseur." "Ich bin ganz geschüttelt - äh, gerührt", antwortete der feuerrothaarige Frechdachs, sprach von einer großen Herausforderung, dass man es sich gegenseitig nicht leicht gemacht und sich einen sehr, sehr großen Hut aufgesetzt habe. "Aber wir haben alle darunter Platz gefunden", fasste der Dreifachkombinierte (Buch, Regie und Puck) zusammen und trompetete dem Ensemble auf der Bühne (nahezu traditionell) zu: "Danke, dass ihr mir's gemacht habt!"

Shakespeares "Sommernachtstraum" ist jetzt also verthea(l)ternativt. Inmitten königlicher Herrschaften und des Elfenvolkes platzten sie "als kaputter Haufen" - O-Ton Puck - auch noch herein mit thea(l)ternativen T-Shirts und ziemlich ordinär sächselnd, um die Verwirrung völlig perfekt zu machen und für manche Erheiterung zu sorgen.[...]
Frei nach Shakespeare ist "ein Dieter Bohlen genug für diese Welt", gibt es Rumänen im Wald, Knallerbsensträucher das ganze Jahr und einen Kanzlerwitz. Passable Gefechte mit klirrenden Schwertern (Tino Floss und Renè Kaps als Demetrius und Lysander) lassen beachtlichen Trainingsfleiß erkennen. Und die aneinandergeratenen Helena und Hermia (Susanne Richter und Alexandra Böhm) erinnern an rasante Petroleummiezen.

Sicher war die Eigenwilligkeit der Kreation gewollt, der Appell an Liebe, Eintracht, Glück und Frieden passt sowieso immer. Und vor allem Haberkorn hat wiederum als Schauspieler brilliert. [...] (lm)

(Freie Presse vom 07. November 2000)