Berliner Kabarett "Sündikat" gewinnt den 6. Oelsnitzer Barhocker
Jury mit pointierten Attacken und spielerischer Glanzleistung überzeugt - Gala am Sonnabend zählt über 500 Besucher - Skulptur bekommt Ehrenplatz in der Hauptstadt

Foto: Andreas Tannert


Oelsnitz. Das Berliner Kabarett "Sündikat" hat zur Samstags-Gala der "6. Oelsnitzer KabarettTage" den Kleinkunstpreis "Oelsnitzer Barhocker" gewonnen. "Damit haben wir nicht gerechnet", bekannten Wolfgang Koch und Fabricio Fettig nach der Preisverleihung und lobten ihre starke Konkurrenz: "Das hätte jedes der vier Kabaretts werden können. Ich denke, die Jury hatte es nicht einfach." Sündikat hatte mit seinen politisch pointierten Verbalattacken und einer spielerischen Glanzleistung am Ende die Nase vorn.

Im Programm "Wer lügt, gewinnt" ließen Koch und Fettig die Mitglieder des Bundestages am geistigen Auge des Publikums vorbeidefilieren und hatten für jeden die ultimative Charakterisierung parat. Von Ulla Schmidt, die vor ein paar Jahren noch dachte, Salmonellen seien eine Inselgruppe in der Südsee. Bis zu Markus Söder, der viel sagt, wenn der Tag lang ist. Und bei Markus Söder sind die Tage immer lang.

Uber 5oo Besucher sahen zur Gala am Samstag zwanzigminütige Ausschnitte aller Programme auf der Bühne im Saal. Einen Tag vorher erlebten hartgesottene Fans in Bar und Füllort je zwei Programme in voller Länge. Wie gewohnt, wurde hochkarätige Kleinkunst geboten. Bei den vier Frauen des Kabaretts "Intakt" aus Hof ging es um Konsum, Fernsehen oder auch "die existenzielle Entscheidung, kauf ich zweilagiges oder dreilagiges Toilettenpapier". Der "Mannheimer Kulturknall" thematisierte in einer "Abschleppsatire" die Frage, was Mann und Frau beim Kennenlernen eines potenziellen Partners denken und sagen. Das Leipziger "Ensemble Weltkritik" zeigte, was passiert, wenn arbeitslose Akademiker vom Sachbearbeiter des Arbeitsamtes auf die Bühne gedrängt werden. Die gewagte Behauptung "Stimmung ist unser zweiter Vorname" wurde beim spröden "Herrn Lühmlich" alias Maxim Hofmann und seiner Partnerin Bettina Prokert auf subtile Art zur Tatsache.

Sündikat hatte mit den Parodiekünsten von Wolfgang Koch noch einen besonderen Trumpf im Ärmel. Das kabarettistische Urgestein imitierte Peter Maffay, Udo Jürgens und als besonderes Schmankerl verkündete er "Nachts, wenn alles schläft" mit der altbekannten Stimme von Howard Carpendale von illegalen Machenschaften, die angesichts der einlullenden Melodie nur noch halb so schlimm waren.

Als Moderatorin führte Steffi Hofmann durch den langen Gala-Abend. Die 28-Jährige Schauspielerin von "Thea(l)ternativ" hat einen Klasse-Einstieg in die Moderation auf die Bühne gelegt. Der Schwachpunkt des Gala-Abends war die Technik. Aussetzer bei der Mikrofonanlage sorgten dafür, dass etliche Gags ungehört verpufften. Die Veranstalter entschuldigten sich zwar beim Publikum, wussten aber letztlich nicht, woran es lag. Man vermutet nun, dass zu viele Handys im Saal für die Störungen sorgten.

Den Gewinnern war das am Ende egal, denn das profilierte Berliner Ensemble wurde bisher mit Preisen nicht gerade überschüttet und freute sich entsprechend über die Ehrung. "Dass wir in Oelsnitz einen Preis gewinnen, freut uns besonders, denn wir haben in den goer Jahren schon mehrfach hier gespielt." Nach dem Kleinkunstpreis der Stadt Lüdenscheid im Jahr 1991 ist der "Oelsnitzer Barhocker" der zweite Kleinkunstpreis, mit dem "Sündikat" sich schmücken darf.

Die kleine Skulptur soll einen Ehrenplatz in der Berliner Spielstätte bekommen. (CZD)

(Freie Presse vom Montag, 04. Juni 2007)